Zum Inhalt springen
Startseite » Blog » 35 Tonnen Plastikmüll durch Hamburger Laubsäcke – für 2025 Laubsammeltonne geplant

35 Tonnen Plastikmüll durch Hamburger Laubsäcke – für 2025 Laubsammeltonne geplant

  • von

Zwar ist gerade Winter und Sie werden sich fragen, warum ich – Stichwort Laubabfälle – ein Herbstthema hervorkrame, doch bei Laub in Hamburg von einem Herbstthema zu sprechen, ist per se schon ein Irrtum: Über Laub kann man hier immer und zu jeder Jahreszeit mit allen reden, Laub ist quasi jahreszeitenunabhängig, zeitlos; das Thema blättert nie ab. Sollten Sie einmal in die Situation kommen, in Hamburg Smalltalk machen zu müssen, sagen Sie einfach „Laub“. Falls Sie Ihr Gegenüber etwas näher kennenlernen, sie oder ihn vielleicht aus einer hanseatischen Reserviertheit herauslocken möchten, können Sie auch fragen: „Wann wurde in diesem Jahr denn eigentlich bei Ihnen das Laub abgeholt?“ Viel Spaß beim anschließenden Gespräch.

Die Stadt sammelt und entsorgt pro Jahr ca. 20.000 Tonnen Laub. Zu dieser Menge gehören sowohl das Laub, das die Stadtreinigung mit Kehrmaschinen und Laubbläsern auf den Straßen und Gehwegen einsammelt, zum anderen gibt es eine Sammlung für „Privatlaub“, also das, was die HamburgerInnen selbst zusammenkehren.

Ungewohnt für Menschen von außerhalb – und auch für mich als Fast-Neu-Hamburgerin: In Hamburg entsorgt man sein Privatlaub in Plastiksäcken. (Allerdings wohl auch in Hannover, Kiel, Leipzig und Berlin). Diese Plastiksäcke können gegen eine „Entsorgungsgebühr“ von 1 Euro von der Stadtreinigung erworben werden und fassen 100 Liter. Natürlich ist es auch erlaubt, Laub im Garten zu kompostieren, auf dem eigenen Grundstück einfach liegen zu lassen oder kostenfrei bei den Recyclinghöfen abzugeben.

Laubsäcke in Hamburg

Warum so viele HamburgerInnen ihr Laub in Säcke packen, für die sie vorher auch noch Geld ausgegeben haben, kann ich Ihnen leider nicht abschließend beantworten. Für den Moment würde ich sagen, dass dort, wo besonders viel Laub anfällt – nämlich in den wohlhabenden Wohnvierteln mit viel altem Baumbestand – der Ordnungssinn vielleicht auch besonders ausgeprägt ist. Schade wäre das insofern, als dass die Grundstücke oft groß genug sind, um das Laub einfach in eine Ecke zu kehren oder sogar einen Kompost anzulegen. Was mich dazu bringt, ein bißchen auch zu denken, dass die Menschen dort vielleicht einfach die Natur nicht mögen und Igel und Insekten auch nicht, entgegen dem Eindruck, den die Menschen mit ihren doch so naturverbunden bezeichneten LAND Rovern und RANGE Rovern, CAYENNEs und ESCALADEs erwecken mögen. (Über den Wert liegengelassenen Laubes für die Natur informiert zum Beispiel dieser Artikel des NABU.)

Da ich das Thema – vor allem die Sache mit den Laubsäcken – so faszinierend finde und damit Sie hin und wieder etwas Futter in Ihr Laub-Gespräch nachwerfen können, habe ich die Hamburger Stadtreinigung zum Thema Laub in Hamburg befragt und hier einige Informationen zusammengestellt:

Durchschnittlich 500.000 Laubsäcke werden pro Jahr in Hamburg verbraucht

Nach Auskunft der Stadtreinigung wurden in den letzten drei Jahren pro Jahr zwischen 463.000 und 546.000 Laubsäcke verkauft. Meine Kritik: Ein Sack wiegt 70 Gramm, sodass durch die Laubsäcke (welche nicht wieder verwendet werden) pro Jahr durchschnittlich 35 Tonnen Plastikmüll anfallen. Im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes – und des gesunden Menschenverstandes – wäre es allerdings besser, Plastik von vornherein zu vermeiden. Zwar scheint die Gebühr in Höhe von 1 Euro, die für jeden Sack erhoben wird, als Hürde für den Kauf der Säcke und als Anreiz für das kostenfreie Kompostieren zu Hause gedacht zu sein. Dass die Gebühr die Menschen jedoch nicht vom Kauf der Säcke abhält oder sie zur Heimkompostierung ermuntert, zeigen die enormen Verkaufszahlen.

Laubsäcke in Hamburg

Das passiert mit den Laubsäcken, nachdem sie eingesammelt wurden

Die eingesammelten Laubsäcke werden ins Kompostwerk gebracht und dort in Trommelsieben mit Messern geöffnet. Das Laub wird zu Kompost verarbeitet; die Säcke allerdings werden aufgrund ihrer starken Verschmutzung in der Regel nicht recycelt, sondern verbrannt. Es handelt sich bei ihnen also um ein Einwegprodukt. Zwar produzieren Müllverbrennungsanlagen Wärme, der Müll ist also noch zu etwas „gut“ und gerade die energetische Verwertung von Plastik aufgrund seines hohen Brennwertes sehr beliebt. Dennoch steht das Verhältnis zwischen der Energie, die man in die Herstellung von Kunststoff und die der Laubsäcke gesteckt hat, in keinem Verhältnis zum energetischen Ertrag aus der Verbrennung. Nimmt man also Umweltverschmutzung durch Plastik sowie Ressourcen- und Energieverschwendung in Kauf, um Verbrennungsanlagen füttern zu können?

Sind öffentliche Laubkörbe eine Lösung?

In den Niederlanden gibt es in den Kommunen große Laubkörbe (siehe Bild), in die die Anwohner ihr Laub werfen können. In Hamburg, so die Stadtreinigung auf meine Nachfrage hin, wurde die Aufstellung von Gitterboxen, Körben und Big Bags „diskutiert“, aus „logistischen und finanziellen Gründen“ aber verworfen. Die Stadtreinigung verweist zudem auf die Gefahr von Fehlwürfen. Nicht zu Unrecht, da in offene Körbe sicher nicht nur Laub, sondern alles mögliche wandern würde. Ist aber mit „finanziellen Gründen“ gemeint, dass die Stadtreinigung, sobald Gitterboxen aufgestellt werden, keine Laubsäcke mehr verkaufen könnte? Immerhin fielen dann Verkaufserlöse von durchschnittlich einer halben Million Euro pro Jahr weg; kein ganz kleiner Posten. Hier müßte man wissen, was die Stadtreinigung die Laubentsorgung insgesamt kostet – eine Frage, die ich nicht beantworten kann. Hat sich die Stadtreinigung also deshalb für das Laubsack-System entschieden, um die Laub-Entsorgung refinanzieren zu können? Die Kosten für Gitterboxen ließen sich schließlich nicht auf die Bevölkerung umlegen.

Öffentliche Laub-Gitterbox in Bredevoort, Niederlande

Neu 2025: Die Laubtonne

Für das Jahr 2025 ist die Einführung einer neuen Sammeltonne nur für Laub geplant (Volumen: 770 Liter). Diese können Hamburger Haushalte für die Zeit von September bis Dezember zu den üblichen Tonnen für Bio-, Wertstoff-, Papier- und Restmüll hinzubuchen. Die Möglichkeit, Laub in Säcken zu entsorgen, soll jedoch bestehen bleiben. Meiner Ansicht nach ist die Tonne ein ganz guter Kompromiss, um individuelles Laubentsorgen möglich zu machen, ohne allzu viel Einwegmüll zu erzeugen. Das Austeilen, Einsammeln und Zwischenlagern der Tonnen bedeutet für die Stadtreinigung mit großer Wahrscheinlichkeit jedoch einen hohen logistischen Aufwand. Ich hoffe, dass die Tonne gut angenommen werden wird.

Susan Rößner, 9. Januar 2025

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert